Sardinien – Die ersten Tage

Endlich wieder seit 2 Jahren ein Urlaub mit Motorrad und Zelt. Mit der voll bepackten Maschine fahren wir über die Schweiz zu unserer ersten Übernachtung Richtung Comer See. In Delebio, einem hübschen kleinen italienischen Dorf werden wir freundlich in unserer tollen Unterkunft begrüßt. Nach dem Frühstücksbuffet, das fast nur aus Kuchen und süßen Teilen bestand, umfahren wir einen Teil vom See und genießen dort noch einen Cappuccino.

Da wir Zeit haben, fahren wir Landstraße, die sich allerdings wie Kaugummi zieht. Endlich haben wir die vielen roten Ampeln am Meer entlang hinter uns und schlängeln an einem Stau vorbei, den eine ausgekippte Ladung Rüben verursacht hat. Es ist stockfinster, als wir am Hafen ankommen. Hungrig essen wir den leckeren Käse aus Holland, den uns Dieter und Lutz (die 2 bayrischen Biker, welche wir in Südamerika kennenlernten) auf dem Rückweg von Schottland mitgebracht haben. Um 24.00 Uhr schlagen wir an Deck unser Lager auf und kriechen in den Schlafsack. Eine Nacht im Freien bei Vollmond unter Sternen klingt sehr romantisch.

Ist es aber nicht. Der Fahrwind zerrt ununterbrochen am Schlafsack. Versucht mal zu schlafen, während Euch permanent jemand wecken will. Die Müdigkeit beamt uns manchmal weg und wir sind am nächsten Morgen total gerädert. Bei Sonnenaufgang nehmen wir ein kleines Frühstück zu uns. Alle Frauen sehen aus wie aus dem Ei gepellt. Ich bin wieder die Einzige mit Sturmfrisur.

Noch 4 kurvige Stunden über die wunderschönen Berge zum Campingplatz, das ist richtig hart.

Unsere Hintern sind wund vom Sitzen und wir wollen nur noch ins Meer zum Abkühlen. Nach einer Kurve verhindern wir mit einer Vollbremsung einen Lammbraten :-o

Volker tauscht kurz Frau und Fahrzeug.

Während wir das Zelt aufbauen kommt der Nachbar mit einer alten Moto Guzzi California. Er hat einen komischen Gang drauf. Kein Wunder, er wurde 100 km vor dem Ziel von der Straße gedrängt und ist im Graben gelandet. Zum Glück, denn auf der anderen Seite geht es nur steil bergab und er hätte sich mehr als nur den Lendenwirbel gebrochen.

Bevor wir unsere Spaghetti kochen, tauchen wir ins glasklare türkisfarbene Meer. Um 20 Uhr können wir uns nicht mehr auf den Beinen halten und fallen ins Zelt.

Ein neuer Alltag hat sich eingestellt. Nach dem Frühstück fahren wir in das Inselinnere, welches ausschließlich aus Kurven besteht. Joker, wenn Du hier landest, kannst Du Dir den Po platt fahren und willst nicht mehr weg. Wir tuckern durch die engen Gassen der verschlafenen Bergdörfer, essen mit den Einheimischen hausgemachte Pasta und schlecken auf dem Rückweg ein Eis. Dann schwimmen wir eine Runde im Meer und machen auf unserer Terrasse mit Meerblick einen Salat. Mit Bier oder Wein und der Salsa-Musik aus der Disco am gegenüberliegenden Ufer lassen wir den Tag ausklingen.



Sardinien – Die Insel

Sie ist inkl. der vorgelagerten Inseln 24.090 qkm groß und die zweitgrößte Insel im Mittelmeer. 187 km ist die kürzeste Distanz zum italienischen Festland. 1,67 Millionen Menschen leben auf Sardinien. Eine der Haupteinnahmequellen sind die 10 Millionen Touristen, die hier jährlich landen. Die sardische Regionalflagge zeigt auf vier weißen Feldern, geteilt durch ein rotes Kreuz, vier nach rechtsblickende Mohrenköpfe mit weißer Stirnbinde.

Zwei Mann und eine Frau fahren 21 neue Ducatis an unserem Platz vorbei. Wenn sie nicht so eingebildet wirken würden, hätten wir schon nachgefragt. Vielleicht siegt ja noch die Neugier.

Wir sind hier im mittleren Osten in Tortoli und wollten nach der Hälfte einen neuen Campingplatz ansteuern. Es gefällt uns aber so gut hier (anderen geht es genauso), dass wir evtl. bleiben. Die Nachbarn haben schon ein paarmal gewechselt. Der linke wurde mit dem ADAC heimgeflogen, das nette Paar aus der Schweiz musste leider wegen eines Todesfalles in der Familie vorzeitig abbauen und das Haallllooo von dem schwulen Pärchen, welches vor der Karaokebeschallung in der Bucht floh, vermissen wir auch.

Wir schaukeln durch die Kurven und genießen die 22°C in den Bergen (im Tal sind es über 30°C). Einsam fahren wir eine alte Passstraße mit vielen Kuhfladen und einmal müssen wir den Produzenten ausweichen.

Volker ist im Rausch und überholt ein Auto mit 80 km/h bei einem Geschwindigkeitsbeschränkungsschild von 10 km/h. Ich scherze noch: wenn die hier blitzen! 200 Meter weiter stoppt uns die Polizei. Das Herz rutscht uns in die Hose.



Ein Fest

Mit der Polizei hatten wir Glück, sie hatten nur wegen eines Brandes die Straße gesperrt.

Wir wollen nach Oliena. Ein Dorf, in dem ein Fest stattfindet. Die letzten Kilometer auf einer schmalen alten Straße mit tierischen Begegnungen.

Der Ort liegt traumhaft am Fuße der steilen Nordwand des Supramonte. Durch enge verwinkelte Steinstraßen landen wir zufällig im Zentrum. Interessiert beobachten wir das Treiben. Einige laufen in Trachten herum und Volker bekommt von einem Schnitzer seinen Pinocchio mit zwei Nasen vorgeführt.

Hungrig verspeisen wir ein traditionelles Menü, auf dem eigenartige Dinge liegen. Nachdem der Teller leer ist übersetzen wir das Gegessene. Das Wildschweinragout mit dem hauchdünnen Brot war richtig lecker. Alles konnten wir nicht identifizieren.

Das Navi lotst uns aus dem Irrgarten. Eine schöne Strecke liegt vor uns, auf der immer wieder Ziegen die Straße überqueren. Schnell verschwinden sie im Gebüsch.

Die Geisterstadt Gairo Vecchio.

Ende des 19. Jahrhunderts begann das Elend: Mehrere verheerende Wolkenbrüche provozierten Erd- und Schlammrutsche – und für ein halbes Jahrhundert hörte das nicht auf, quasi jedes Jahr wurden Häuser und Höfe vernichtet. 1951 dann die schlimmste Überschwemmung: Vom 14. bis 19. Oktober wütete ein schlimmes Unwetter auf der gesamten Insel. Schlammlawinen allerorts, Feldwege wurden ausgewaschen, Orte waren plötzlich unerreichbar. In der Provinz Ogliastra fielen an jedem Tag zwischen 300 und 500 mm Regen pro Quadratmeter. Gairo traf es besonders hart. Eine riesige Schlammlawine begrub gut die Hälfte des Dorfes unter sich. Im fortwährenden Regen versuchten einige zu fliehen, andere zu retten, was zu retten war. Sechs Tage Unwetter, sechs Tage Schicksal. Nach dem Unwetter beschlossen alle, das Dorf aufzugeben und es an einem sichereren Platz neu aufzubauen.

Fotostopp an einer Korkeiche. Kork ist ein wertvolles Naturprodukt aus nachhaltiger Landbewirtschaftung. Der Baum toleriert etwa alle 10 Jahre eine Schälung. 80 % der italienischen Korkproduktion stammt von hier. Neben den Flaschenkorken werden vor allem Fußböden, Schuhsohlen und Öko-Dämmplatten hergestellt.

Wir können es nicht oft genug erwähnen: Die Insel ist ein Motorradtraum. Die Straßen sind für Biker gemacht.

Unser neuer Nachbar hat die ganze Nacht so laut geschnarcht, dass sich die Bäume bogen. Manchmal bekam er Gesellschaft und wir hatten Stereogesäge. Zum Glück bleibt er nicht länger.

Heute ist es bewölkt und wir beschließen die Inselhauptstadt Cagliari zu besuchen. Sie befindet sich im Süden und hat 157000 Einwohner. Durch die Festungsmauer landen wir in der Altstadt. Dicht an dicht stehen die hohen Patrizierhäuser vergangener Jahrhunderte mit ihren bröckelnden Fassaden und schmiedeeisernen Balkongeländern. Nur wenig Licht fällt in die schmalen Gassen. Volker geht auf Fotopirsch, ich bewache das Moped und beobachte das rege Treiben der Touristen. Sie bemitleiden mich mit den schwarzen Gore-Tex-Hosen.

Hungrig suchen wir ein Ristaurante. Wir essen einheimische Gerichte. Köstlich. Der Nachtisch hat es mir besonders angetan. Sebádas sind mit Ricotta gefüllte Teigtaschen in Öl ausgebacken und mit Honig bestrichen.

Alles Liebe zum Geburtstag Andreas :-)



Wetter

Die Wolken halten sich 2 Tage und wir brüten in der Schwüle. Sogar in den Bergen fahren wir ab und an durch einen Heißluftföhn. Überall ist es diesig.

Obwohl kaum eine Brise weht ist das Meer total aufgewühlt. Das Wasser erreicht die Steilwand, so dass keine Liegestühle aufgestellt werden können.

Sogar die Nacht ist heiß, obwohl wir alle Löcher offen haben.

Das Meer hat sich wieder zwei Meter zurückgezogen und alle stürzen sich in die Wellen

Werner, unseren Rücken geht es immer noch gut und wir sind mit Abstand nicht die Ältesten, die sich ins Zelt legen :-)

Während einer Tour finden wir eine schöne schmale Sackgasse, die sich 10 km an einer Schlucht entlang hinunter zum Fluss schlängelt.

Heute wollen wir zu den Wildpferden auf der Hochebene Giara de Gésturi. Auf dem vulkanischen Tafelberg befindet sich ein einzigartiges Naturreservat. Unterwegs sehen wir ein paar Oldtimer, die auf einen Platz fahren. Wir folgen natürlich und landen auf dem Fest Santa Lucia. Überall sind Stände aufgebaut und es wird gegrillt. Da unser zweites Frühstück ansteht, kaufen wir einen kleinen Fisch und Aal. Eingewickelt in Papier, ohne Besteck, Teller und Serviette, essen wir ihn eben mit den Händen. Zwei Ochsen werden immer wieder im Kreis herumgeführt und eine kleine Prozession läuft singend vorbei. Wir sehen, wie die kleinen einheimischen Nudeln gemacht werden, die wie Maden aussehen.

Zeit fürs Mittagessen. Wir fragen in einem Ort und werden 11 km weiter nach Isili geschickt, wo es 3 Restaurants gibt. Beim Verspeisen der Pasta fährt eine BMW aus GER vorbei. Er sieht uns leider nicht. Gestärkt fahren wir in den Nationalpark. Über Schotter geht es an Korkeichen vorbei. Da diese durch das Schälen ihre imposante Größe nicht erreichen, erinnert die Gegend an einen Märchenwald. Ein paar Mal laufen uns die kleinen Pferde mit 1,20 m Schulterhöhe über den Weg. Manche von Ihnen landen im Schlachthaus, denn sie sind hier eine Delikatesse.

Jack, have a nice Party in Greece :-)



Urlaubsende

Unsere letzte Tour ist nicht sehr weit. In einem kleinen Dorf an der Steilküste machen wir am Hafen eine Pause. Das Schild „Special price for Motorbikes“ lässt uns als anständige Deutsche ein Parkticket holen. Kaum sitzen wir im Lokal, winkt uns der Kontrolleur zum Motorrad. Er hat den Zettel nicht gesehen. Damit wir das Bike besser sehen können, will Volker umparken. Nein, der Platz nebenan ist für Autos. Er möchte die Maschine aber im Blickfeld haben. Nein, er muss auf dem Motorradparkplatz bleiben. Aber alle Plätze sind doch frei?! Nichts zu machen. Spießer! 10 Minuten später kommen ca. 20 deutsche Motorradfahrer, die sich willenlos überall hinstellen und keine Parkgebühr zahlen. Vom Wächter keine Spur und wir sind wieder die Looser!

Auf dem Rückweg kommen wir in ein Gewitter und die Hagelkörner hauen schmerzhaft auf die Arme. Der Regen hat hier mächtig abgekühlt, wir haben nur noch 25°C.

In unserer Lieblingseisdiele lassen wir uns abtropfen.

Deutschland ist schon ein Schildermeer, aber Sardinien übertrifft das locker. 10 Meter vor diesen stand noch ein 80er Schild.

An meinem Geburtstag habe ich Wünsche frei und möchte nochmal zum langen Sandstrand nach Orri. Lieben Dank für die Glückwünsche und das tolle Gedicht J Die Wellen ziehen mich hinaus, ich will aber wieder zurück. Plötzlich habe ich Felsen unter den Beinen, von denen ich weg möchte. Ich kämpfe mit aller Kraft, komme aber nicht vorwärts. Leichte Panik steigt auf und ich schlucke Salzwasser. Ganz außer Atem packe ich es endlich. Kurze Zeit später holen die Rettungsschwimmer einen jungen Mann und dann 2 Frauen raus, die es aus eigener Kraft nicht schaffen.

Ein toller Urlaub geht zu Ende. Donnerstag über Nacht auf die Fähre, ein Zwischenstopp etwa in der Hälfte und Samstag möchten wir wieder zu Hause sein.

Ciao Amici


Sardinien 2014 — Auswertung Reisecomputer